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Dr. Ernst van Aaken - Es kommt nicht so sehr auf die Zeit an, die ein Läufer läuft. Jeder, der das Ziel erreicht, ist ein Held

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2003 - Training in der Sommerhitze

Geschrieben Sommer 2003

Das es draußen heiß war wusste ich schon, bevor ich die Haustür aufgemacht habe. Obwohl es auch im Hausflur nicht eben kalt ist, spüre ich die Wärme, die von der Tür ausgeht, schon auf meinem Gesicht.

Ok, jetzt zurück in die Wohnung gehen kommt nicht in Frage. Also raus. Uff, die Hitze nimmt mir fast den Atem, da die Sonne seit Stunden auf das gläserne Vordach scheint.

Langsam trotte ich zwischen den Häusern entlang. Ich höre nur meinen Atem, alle Fensterläden sind zu, nicht mal Autos fahren jetzt auf der Straße. Meine Hoffnung, daß wenigstens hinter der Stadt ein leichter Wind weht, wird enttäuscht, als ich zwischen den letzten Häusern auf den Feldweg abbiege. Vom Baggersee her klingen Stimmen zu mir herauf, das Planschen und Kreischen der Badegäste. Vor meinem inneren Auge sehe ich Bikinis und das glänzen der Sonne auf dem Wasser. Tatsächlich ist die Dornenhecke aber undurchdringlich.

Bald bin ich wieder alleine in der Hitze und laufe durch eine Welt aus Licht und Staub. Das Zirpen der Grillen steht wie eine Wand vor mir, es scheinen so viele zu sein, daß kein einzelner Ton erkennbar ist, sondern ich von einem einzigen schwirrenden Geräusch umhüllt werde.

Ich trinke aus meiner Flasche. Obwohl ich noch nicht lange unterwegs bin, hat das Wasser locker Bade-temperatur. Bäh. Aber ich habe viel Durst sehr wenig Lust auf Dehydration.

Die Felder scheinen sich entlos zu dehnen, bis zum Horizont, wo der flimmernde Dunst den Wald noch versteckt. Aber nach und nach verwandelt sich der untere Rand der gleißenden blauen Kuppel über mir in eine dunkle Linie und schließlich kann ich sogar den Waldrand erkennen. Ich biege auf einen schmalen Pfad ab, der mich auf einen kleinen Spalt in der grünen Mauer zu bringt.

Ich trete ein. Sofort umgibt mich ein seltsames Dämmerlicht, mein gestochen scharfer Schlagschatten weicht einer diffusen Schattenwelt. Hoch über mir höre ich einen Kuckuck aus dem Blätterdach. Die Luft ist feucht und der Boden federt ein wenig unter meinen Schritten. Hier muß ich aufpassen, damit ich nicht über Baumwurzeln oder Äste falle, denn der Trampelpfad windet sich um gefallene Bäume herum, und taucht unter Ästen durch. Auch ist der Boden hier nicht planiert wie auf den Äckern sondern natürlich, so daß sich in den tieferen Senken bodenloser Schlamm unter hohem Farn versteckt. In meinen Kindertagen, als der Waldweg noch mit dem Fahrrad befahrbar war, haben wir hier viel gespielt, natürlich entgegen der strikten Verbote unserer Eltern. So wie der Ruf des Kuckuck aus dem Grün, kommt ein lächelnder Gedanke zu mir: Wenn ich meinen Sohn hier erwische, ziehe ich ihm die Ohren lang! Ob meine Eltern gewußt haben, daß wir hier waren? Uns ist hier nie etwas passiert, wir waren immer so vorsichtig, weil wir bei einem Unfall im Wald hätten erklären müssen, wiso wir hier waren.

Irgendwann taucht vor mir der andere Waldrand auf, eine Wand aus Bäumen, Ästen und Büschen, hinter der die Hitze wieder auf mich wartet. Der schmale Pfad findet auch hier den Durchschlupf und die Glut hat mich wieder. Die Grillen wirken nach der Stille des Waldes noch lauter und intensiver, als ich wieder zwischen den Gerstenfeldern laufe.

Gut, daß jetzt die Sonne auf den anderen Arm und den Nacken scheint, der linke Arm hat schon einen leichten Sonnenbrand. Die Plastikflasche auf meinem Rücken ist nur noch zu einem drittel voll und fühlt sich sehr heiß und butterweich an. Das Wasser hat jetzt, wo mir die Sonne auf den Rücken scheint, schon deutlich mehr als Körpertemperatur und ich bin froh, daß ich heute die große Flasche genommen habe, auch wenn ich das beim Loslaufen noch nicht zu schätzen wußte.

Den letzten Teil meiner Runde laufe ich entlang einer Kreisstraße. Der Asphalt spiegelt und flimmert in der Sonne so sehr, daß vorbeifahrend Autos fast eine Bugwelle und Kielwasser haben. Erstaunlicher weise macht mir die Wärme jetzt immer weniger aus. Ich laufe in Gedanken den Marathon des Sables und andere Torturen, stelle mir vor wie ich mit blutenden Füßen und sonnenverbranntem Gesicht das Ziel erreiche. Auch wenn ich solche Abenteuer aus Mangel an Geld, Trainingszeit und innerer Härte wohl nie wirklich machen würde: beim Laufen davon zu Träumen ist toll. Als ich nach hause komme und mein Sohn sich freut mich zu sehen, bin ich froh nicht länger weg gewesen zu sein!



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