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2014 - Dodentocht, Schlammbad in Bornem

Geschrieben August 2004

Die Anfahrt
mit dem Zug hat gut funktioniert und ich war früh in Bornem. Auch das Abholen der Barcode-Karte, die man zum Laufen braucht ging absolut reibungslos, weil ich schon um 16:30 da war.
Um kurz vor sechs gab es dann ein heftiges Gewitter mit Wolkenbruch vom Feinsten, aber glücklicher Weise bin ich ein paar Minuten vorher wieder ins Anmelde-Zelt gegangen, weil es so dunkel wurde. Dort habe ich dann mit Jürgen und Bruno dem Regen gelauscht; ein Geräusch, das ich in dieser Nacht noch mehr als genug hören musste.

Ich bin danach mit Bruno zur Gepäckabgabe gegangen, aber da er dabei irgendwie seinen Barcode verloren hat und suchen gehen musste, stand ich um 20:00Uhr alleine im Startblock im Regen.
Ich habe mich irgendwie mutlos, alleine und fehl am Platze gefühlt. Um mich herum waren nur Wanderer und keiner sprach Deutsch. Die Leute packten Ihre Butterbrote aus den Alufolien, tranken Kaffee aus ihren Thermoskannen und rauchten Zigaretten. Ich bin nur deshalb nicht schon vor dem Start durchnässt gewesen, weil die Umstehenden alle ihre Regenschirme aufgespannt hatten. Das ist wirklich komplett anders als alles was ich erwartet hatte.

Als es dann losging,
war mein erstes Teilziel mich wieder warm zu laufen, da ich, in Erwartung einer heißen Sommernacht, in Shorts und Tshirt unterwegs war, und nur für die Wartezeit im Startblock einen Müllsack übergezogen hatte. Es regnete in Strömen, und obwohl ich den Sack angelassen habe, war ich alsbald bis auf den letzten Faden durchnässt. Mir wurde immer kälter und auch das allerletzte Fünkchen Lauf-Lust war lange erloschen.

Stell Dir vor Du läufst in kurzen klatschnassen Sachen im Regen, die Temperaturen fallen auf höchstens zehn Grad, es weht ein heftiger Wind, der knöcheltiefe Schlamm schmatzt bei jedem Schritt unter Deinen Sohlen und keine Sau um Dich rum spricht Deine Sprache: dann weißt Du, wie ich mich bei diesem Lauf gefühlt habe.
Ich habe nicht viel Erinnerung an die Strecke, nur endlose dunkle Straßen, wo sich die gelben Lampen auf dem nassen Asphalt spiegeln und völlig aufgeweichte Feld- und Waldwege, wo die Schuhe bei jedem Schritt tief im Matsch versinken. Einzig eine Situation an einer Verpflegungsstelle ist mir haften geblieben: es gab heiße Suppe, ich stand mit meinem Teller vor dem Zelt und die schweren Regentropfen klatschen so in meine Suppe, daß die mir beim Trinken ins Gesicht spritzte.

Mein Fehler war, daß ich keinerlei Nässeschutz dabei hatte und viel zu kalt angezogen war, sonst hätte mir sogar eine Nacht wie diese zumindest etwas Spaß gemacht. Normalerweise laufe ich nämlich gerne im Regen und es macht mir auch nichts aus, mal so richtig von den Naturgewalten geschüttelt zu werden. Aber hier, mit der Aussicht noch sieben weitere Stunden zitternd vor Kälte durch den Schlamm zu waten, das war zu viel für mich.

Glücklicherweise
hatte ich mein Gepäck aufgegeben, so daß ich bei KM 54 in der riesigen Lagerhalle der PALM-Brauerei meinen Rucksack mit trockenen Sachen hatte. Wenn ich besser vorbereitet gewesen wäre, hätte ich hier nicht nur die Klamotten gehabt, die ich im Ziel nach dem Duschen anziehen wollte, sondern eine zweite Garnitur Laufsachen incl. trockener Schuhe.
Ich war aber nicht so vorbereitet und hatte nur meine eiskalten Laufsachen. Also habe ich meine trockenen Sachen angezogen, die Sandalen, die lange und trockene Jeans und alle drei Tshirts übereinander. Dann habe ich drei Bier getrunken (Palm ist lecker!) und die tolle Stimmung in der Halle genossen.

Die Flamen
sind echt was Besonderes: die Laufstrecke führt auf der einen Seite durch eine LKW-Zufahrt in die Halle hinein und auf der anderen Seite wieder hinaus. In der Halle ist Discomusik und Beleuchtung, ein Biergarten für Läufer und Zuschauer, die Verpflegungsstation und alles andere in bunter Mischung, als würde eine Marathonstrecke durch eine Disco führen: cool.

Für mich war an der Stelle Ende, es machte einfach keine Spaß; nicht ein einziger Schritt von diesem Lauf hat Spaß gemacht. Es war einfach nur kalt und nass. Bäh!

Ok, ein DNF, did-not-finish. In den ersten Minuten nach dem Entschluß war ich einfach nur erleichtert und danach nur noch müde. Heute, am Montag, bin ich nicht mehr müde, aber irgendwie immer noch erleichtert.
Klar, hätte ich weiter gemacht und wäre ich angekommen, so wäre ich heute unendlich stolz aber hätte und wäre ist eben nicht war oder ist.

Ich bin gespannt,
wie sich meine Gefühle zu diesem Abbruch noch entwickeln, ein bisschen Scham ist schon dabei, wenn ich von dem Lauf berichte, das Gefühl LOOOOSER ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Aber ich bin, erstaunlicher Weise, weit weniger geknickt, als ich das bei den hohen Erwartungen, die ich an mich hatte, angenommen hätte.

Vielleicht liegts daran, daß ich in den kommenden Tagen zum zweiten Mal Vater werde, und ich mich schon sehr darauf freue. Vielleicht auch deshalb, weil ich aus diesem Grund, für dieses und kommendes Jahr, meiner Frau versprochen habe, der Familie mehr und dem Laufen weniger Zeit einzuräumen, und ich deshalb 18 Monate zur Regeneration habe;-)

Bei meinem nächsten Lauf über eine solche Distanz mache ich ein paar Sachen anders: ich nehme auf jeden fall einen von den bodenlangen Regenumhängen mit, wie ich sie dort bei vielen Wanderern und Läufern gesehen habe. Dadurch kann ich auf die Warnweste verzichten. Außerdem werde ich mir an der Mittelstation eine zweite komplette Laufgarnitur bereitstellen, damit ich mich trocken anziehen kann.



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