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James Raia - There is nothing noble in being superior to some other man. The true nobility is in being superior to your previous self

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2015 - Ein besonderer Lauf

Geschrieben Juli 2015

Manchmal erlebe ich beim Laufen besondere Glücksmomente. Ich meine jetzt nicht nur, dass ich nette Menschen treffe, schöne Landschaften sehe oder überraschende Abenteuer erlebe. Klar, alles das ist an sich schon wunderbar und jeder dieser Augenblicke ist es wert, viele Schritte dafür zu machen.
Aber es gibt noch mehr. Manchmal kann ich beim Laufen noch einen Schritt weiter kommen und dann wunderbare Momente oder Stunden erleben. Es sind die Stunden, in denen ich wie schwerelos durch die Landschaf gleiten kann. Stunden, in denen der Weg nur wie das Bett, in dem ein Schläfer liegt, in der Erzählung eines Traumes ist.

Wie wird ein Lauf zu so einem besonderen Lauf?
Es gibt ein Quäker-Buch über die vier Türen zur Andacht. Eine Art Meditations-Anleitung, wenn man so will. Dieses Buch hat mich inspiriert mein Erleben beim Laufen aus diesem Blickwinkel zu betrachten.

Der Schritt vor dem Lauf
Der erste Schritt zu einem besonderen Lauf ist die innere Bereitschaft dazu im täglichen Leben. Ich kann jederzeit laufen seit ich meine ersten Schritte gemacht habe. Ich kann immer und überall laufen. Zum Bus, zum Auto, zum Einkaufen, zur Arbeit: immer. Wann immer ich will kann ich einfach loslaufen. Wenn ich in der Ferne einen Berg sehe erinnere ich mich daran, dass ich jetzt einfach dort hin laufen kann. Egal wie weit er weg ist: wenn ich ihn sehen kann, kann ich ihn auch erreichen; ich muss nur laufen.
Und das trifft nicht nur auf mich zu. Wer nicht so weit laufen kann, der kann wandern, spazieren, gehen oder in anderer Weise einfach einen Schritt vor den anderen machen, bis zum Ziel. Das kann jeder, der in Freiheit lebt. Und dieses Wissen, dass es jederzeit möglich ist, trage ich immer in mir, es ist ein wesentlicher Teil meines Alltags.

Immer wenn ich mich im Alltag daran erinnere, dass ich jetzt laufen könnte, ist es wie ein kleiner Lichtblick. Eine Sekunde der Kraft und der Erholung. Und diese gelegentliche Erinnerung daran, was sein könnte, hilft mir, wenn ich dann wirklich los laufen will und darf.

Der Schritt nach innen.
Der zweite Schritt ist der Weg zum Start. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich zu einem langen Wettkampf fahre oder gleich vor der Haustür einen Trainingslauf beginne. Entscheidend ist für mich, in der unmittelbaren Vorbereitung vor dem Lauf sowohl die Sicherheit der Routine zu haben, als auch die Achtsamkeit, die eine Anstrengung oder ein Abenteuer fordert.

Ich packe meine Sachen gewissenhaft und sorgfältig so wie schon tausend mal zuvor. Ich achte auf meine Kleidung und ziehe mit Bedacht das an, was ich bei diesem Lauf tragen will. Ich binde meine Schuhe mit der richtigen Festigkeit und prüfe und sichere den Knoten. Ich habe all dies schon so oft gemacht und weiß, wie wichtig jeder einzelne Handgriff jetzt sein kann. Ich nehme diese Vorbereitung ernst.
Natürlich kann ich auch jetzt lachen, scherzen und mich mit vielleicht anwesenden Freunden austauschen. Aber ich bin jetzt auch bei der Sache, beim Lauf, beim Abenteuer, beim Training. Ich bin hier und ich bin bereit hier zu sein. Ich bin mir bewusst, dass ich jetzt laufen werde.

Der innere Schritt
Der dritte Schritt ist der Start selber. Ich laufe los. Alles ist gesagt, alles ist erledigt. Jetzt gibt es nur noch den Weg und meinen Atem. Ich bin unterwegs.
Was ist es für ein Lauf? Ist es ein kurzer, harter Wettkampf? Zeit, Tempo, Konkurrenz, Konzentration: alles ist da. Oder ein langes Abenteuer? Dann kommt es auf Strecke, die Wahl des Weges oder die Zeit bis zum nächsten Verpflegungs-Punkt an. Oder mache ich nur einen kleinen Trainingslauf? Dann kann ich meine Gedanken noch ein wenig schweifen lassen, denn jeder Schritt auf meiner Runde ist mir vertraut.
Auch wenn es sich anhört, als wären das ganz verschiedene Läufe, so ist doch allen gemeinsam, dass ich den dritten Schritt, den Start, gemacht habe. Und ab dann gibt es nur noch den Lauf. Und alles außerhalb dieses Laufes verliert für diese Zeit seine Bedeutung. Manche Menschen erleben diese Konzentration auf den Moment im Restaurant: der Augenblick wo der Teller vom Kellner gebracht wird und nur noch das Essen zählt. Viele Menschen erleben Sexualität in dieser Weise: plötzlich spielt nichts mehr außerhalb des Bettes eine Rolle, nichts mehr außerhalb des eigenen Körpers ist noch da.
Bei längeren Läufen gestatte ich mir noch einige Kilometer zu treiben; meine Gedanken ihre eigenen Wege ziehen zu lassen. Ich bin empört über Umweltzerstörung und die Ungerechtigkeit der Welt. Ich bin traurig über so viel Leid in der Welt oder auch über einen ganz persönlichen Verlust. Oder ich sinniere über meine Alltags-Sorgen vor mich hin. So wie bei kurzen Wettkämpfen die Auseinandersetzung mit den Mitläufern so gehört dieses ziellose laufen lassen der Gedanken zu langen Trainings. Und auch Karte, Kompass und Navi gehören zu ihren jeweiligen Läufen.
Allen diesen Läufen gemeinsam ist der Start, der Schritt in den Lauf hinein, das sich jetzt darauf einlassen, los lassen, unterwegs sein wollen.

Der Schritt hinaus
Und dann ist da noch der vierte Schritt. Der Schritt, der vom Lauf zu einem besonderen Lauf. Ich lasse alle Gedanken los. Ich bin unterwegs, ganz im hier und jetzt. Ich bin jetzt ganz unterwegs. Ich fühle ein wirklich strahlendes Lachen aus den Tiefen meines Herzens über mein Gesicht ziehen.

Plötzlich spüre ich eine Freude in mir, ein überschäumendes Glück, das ausreichen würde um eine Stadt von Marmorstatuen zum Lachen zu bringen. Es ist ein Gefühl, als wäre ich eine Batterie, die an ein Ladegerät angeschlossen wird: es strömt Kraft in mich hinein und ich lasse es geschehen. Der Stecker ist in der Dose und ich werde erfüllt mit Licht und Lachen.

Ich bin jetzt so sehr hier, dass ich ganz weit weg bin und gleichzeitig bin ich so weit weg, dass ich an meinem innersten Punkt ankomme. Ich bin so weit draußen, dass ich in mir zu hause bin.
Ich bin so lebendig, dass ich vergessen habe dass ich Lebe. Ich erhalte die Gewissheit, dass Alles Alles ist, weil Alles Alles ist. Ich gebe mein Selbst zurück, wie ein kleiner Funke der nach einem Flug durch die Nacht in ein gewaltiges Feuer zurück fällt.
Es gibt keine Erschöpfung, keine Ermüdung, keine Schwäche nur herrliche Kraft, die alles durchströmt.

Wow, tschuldigung, kann nicht mehr weiter schreiben, muss laufen gehen

Inspiration durch:

The Four Doors to Meeting for Worship von William Taber



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